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Eine Leitzinserhöhung – wie kriegt die FED das hin?

Wie man in den letzten Wochen und Monaten immer wieder lesen konnte tastet sich die Federal Reserve gerade an die erste Leitzinserhöhung seit Juni 2006, das heißt seit neun Jahren. Nachdem man die Zinserhöhung zuletzt für Juni erwartet hat, gehen die meisten Kommentatoren mittlerweile vom September aus.

Das Thema dieses Beitrags ist allerdings nicht die Leitzinserhöhung als solche sondern die komplett anderen technischen Bedingungen, verglichen mit Juni 2006, unter denen diese Leitzinserhöhung stattfinden wird, so dass sie gleichzeitig zu einem großen Experiment in Sachen praktischer Geldpolitik wird.

Denn, zwischen 2006 und heute hat sich die Bilanz der FED mehr als verfünffacht vom ca. 900 Mrd. $ damals zu ca. 4,5 Mrd Billionen $ heute. Beim Geld ist es aber, trotz aller Besonderheiten, genauso wie bei jedem anderen Gut, wie z.B. Kartoffeln – wenn es sehr viel davon gibt, sinkt der Marktpreis gegen 0 (und die Bauern gehen Pleite). Genau das ist mit dem „Marktpreis“ des Dollars, auch bekannt als Federal Funds Rate oder im deutschen Sprachgebrauch Leitzins, passiert – er liegt seit mehreren Jahren bei ca. 0%.

Nun aber will die FED diesen Preis erhöhen – wie kann sie das erreichen? Tatsächlich funktioniert die Analogie mit Kartoffeln auch hier – was würde eine Regierung tun, die den Kartoffelnpreis manipulieren will, entweder um den Bauern zu helfen oder umgekehrt um die Verbraucher zu entlasten? Wenn das Marktangebot nicht allzu groß ist, würde sie auf dem Kartoffelnmarkt intervenieren d.h. Kartoffeln entweder aufkaufen oder umgekehrt verkaufen (das zweite setzt natürlich voraus, dass sie über Kartoffelnreserven verfügt). Genau das tat die FED 2006, nur dass sie stattdessen Staatsanleihen kaufte und verkaufte und auf diese Weise das Geldbasisangebot manipulierte. Um die Analogie noch anschaulicher zu machen, könnte man auch sagen, dass die FED Dollars für Staatsanleihen „kaufte“ bzw. „verkaufte“.

Was soll aber die Regierung tun, wenn die Ernte so üppig ausfällt, dass der Preis gegen 0 $ fällt, so dass normale Interventionen, die den bestehenden Markt nur manipulieren aber nicht ersetzen nicht mehr funktionieren. Das entspricht der Situation auf dem Geldmarkt heute. In diesem Fall wird die Regierung einen anderen Weg gehen und den Markt komplett ersetzen, indem sie einen Mindestpreis für Kartoffeln festsetzt und den Bauern die Abnahme zu diesem Preis garantiert.

Genau das hat die FED jetzt vor, anstatt wie in der Vergangenheit den Preis auf dem Geldmarkt, die Federal Funds Rate, durch Open Market Operations zu manipulieren, wird sie allen Marktteilnehmern auf dem Geldmarkt einen garantierten Mindestübernachtzins anbieten – dafür wird sie einen gerade neu eingeführten Instrument nutzen – sogenannte Overnight Reverse Repurchase Agreements. Es handelt sich also um mit einen Wechsel von einem gut bewährten Instrument der Geldpolitik, den die FED seit den 50-er Jahren der letzten Jahrhundertserfogreich nutzte zu einem, von dem sie theoretisch weiß, dass er funktioniert, der aber noch nie in der Praxis eingesetzt wurde.

Diesen Experiment werden die anderen Zentralbanken, die in den letzten Jahren ihre Bilanz vergrößert haben oder gerade dabei sind, allen voran die EZB, zweifellos sehr genau beobachten, denn auch für sie kommt irgendwann der Moment an dem sie eine Leitzinserhöhung in Angriff nehmen müssen, wenn auch nicht so bald.