Vor ca. einer Woche ging durch die deutschen Medien ein neuer Aufschrei zum Thema „arme Deutschen zahlen für reiche (und faule) Südländer“, diesmal ging es konkret um griechische Rentner, die angeblich reicher sein sollen als deren deutsche Gegenparts. Konkret soll die durchschnittliche griechische Rente (966 EUR) ca. 6% über der westdeutschen Durchschnittsrente (896 EUR) und sogar ganze 30% Prozent über der ostdeutschen (734 EUR) liegen. Das Problem mit solchen selektiv gewählten Zahlen ist immer, dass man nie weiß, ob da nicht gerade Äpfel mit Birnen verglichen werden. So wurden für den Vergleich offensichtlich nur deutsche gesetzliche Renten herangezogen, Beamtenpensionen dagegen, die in Deutschland bekanntlich viel üppiger sind, wurden nicht verglichen. Überhaupt ist nicht klar, ob es in Griechenland so etwas wie getrennte Altersversorgung für Staatsbedienstete gibt (weiß es jemand vielleicht?).
Und so habe ich jetzt versucht anhand der Eurostat-Daten einen mehr oder weniger objektiven Vergleich der staatlichen Altersversorgungsausgaben beider Länder herzustellen – indem ich diese Ausgaben pro Person im 60+- Alter für beide Länder berechnet habe. Die (krude) Begründung für gerade diese Zahl ist, dass die allermeisten Rentner bzw. Pensionäre (und deren Witwen, denn die Altersversorgungsausgaben nach Eurostat beihalten auch die Witwenrenten) wohl in diesem Alter sind, und umgekehrt der überwiegende Teil der Personen dieses Alters schon Rente bzw. Pension bezieht, so dass die Zahl eine gute Näherung für tatsächliche (Brutto-) Renten und Pensionen ist.
Das Ergebnis für das Jahr 2012 (für spätere Jahre hat Eurostat keine Zahlen): 15160 EUR pro Jahr in Deutschland sowie 11360 EUR in Griechenland. In Griechenland ist es also doch um ein Viertel weniger, und ehrlich gesagt würde mich alles andere sehr wundern, denn das griechische Pro-Kopf-BIP im Jahr 2012 (17500 EUR) lag bei kaum der Hälfte des Deutschen (33600 EUR) – grundsätzlich sind die Griechen also viel ärmer als die Deutschen, warum sollte es für die alten Griechen anders sein? Es fällt im Übrigen auch auf, dass die griechischen 11360 EUR pro 60+-Person sehr gut zu der oben angegebenen griechischen Durchschnittsrente passen, während die deutsche Summe vom 15160 EUR weit über sowohl der westdeutschen als auch der ostdeutschen Durchschnittsrente liegt, das bestärkt mich in der Vermutung, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden.
Es fällt allerdings auch ein anderer Punkt auf: die Altersversorgungsausgaben pro 60+Plus-Person liegen in Deutschland bei 45% des Pro-Kopf-BIP, während die entsprechende griechische Zahl 65% ist. Der Unterschied ist wirklich groß, wenn man allerdings weiter in die Vergangenheit geht, stellt man fest, dass es sich um ein neues Phänomen handelt (siehe folgende Grafik), denn noch 2007 lag das Verhältnis sowohl in Deutschland als auch in Griechenland bei ca. 47%.
Was ist passiert? Die Antworten findet man in beiden folgenden Grafiken:
Während das nominale BIP pro Kopf in Griechenland im Zeitraum 2007-2012 um 16% abgestürzt ist, ist es in Deutschland um 10% gestiegen. Gleichzeitig sind die Altersversorgungsausgaben pro 60+-Person in Griechenland um 17% gestiegen, in Deutschland aber nur um 5%.
Nun, dass die griechische Wirtschaft abgestürzt ist, ist allgemein bekannt, aber hat man uns nicht über einschneidende Sparmaßnahmen in Griechenland erzählt? Wie ist das zu vereinbaren mit stark steigenden Rentenausgaben.
Die Antwort ist: wie absurd das auch klingt – aber wahrscheinlich haben gerade die Sparmaßnahmen diesen Anstieg verursacht. Denn, der durch sie verursachte sprunghafte Anstieg der Arbeitslosigkeit betraf zwar mehrheitlich junge Leute, dennoch sind gewiss auch nicht wenige ältere betroffen gewesen. Und was macht man mit einem sagen wir 60-jährigen, der die Arbeit verlor und in einer Wirtschaftskrise wohl kaum eine neue finden wird. In Griechenland wie in Deutschland – man schickt ihn in eine Frührente. Und schon steigen die Rentenausgaben.
Fazit: zwar kriegen die Rentner in Griechenland ein größeres Stück vom Gesamtkuchen als in Deutschland (während sie absolut höchstwahrscheinlich doch weniger bekommen). Das aber nur weil der Gesamtkuchen so stark geschrumpft ist, kaum ein Grund zur Freude für sie.